Alte Zöpfe – neue Wege
Nur durch ständige Überprüfung und Neujustierung der eigenen Position kann der Mensch überleben. Das beweist nicht nur die natürliche Evolution, sondern auch die industrielle Geschichte. Sich aktuellen Entwicklungen anzupassen und vorausschauend zu handeln bedeutet auch, Vorurteile und alte Verhaltensmuster zu überwinden und das Gespräch zu suchen.
Besondere Aufmerksamkeit müssen wir Jägerinnen und Jäger unserer komplexen Beziehung zur Landwirtschaft schenken. Denn obschon oder gerade weil Waidmann und Landwirt oft dieselbe Scholle nutzen und pflegen, ist es um ihr nachbarschaftliches Verhältnis nicht immer zum Besten bestellt.
Der unter wachsendem Ertragsdruck stehende Landwirt muss profitabel arbeiten und knapp kalkulieren. Da ist es wenig überraschend, dass er unserem Hege-Engagement für mehr Naturräume mit Skepsis oder gar Ablehnung begegnet. Auch Wildschäden durch Schwarzwild oder Tauben und Krähen belasten das Miteinander. Und die Frage, was gesät und wann gemäht wird, hat schon manche „grüne“ Partner auf dem Lande entzweit.
Außerdem machen klimatische Veränderungen mit extremen Wettersituationen den Landwirten immer mehr zu schaffen. Und wenn dann noch die EU ihre Beihilfen nach ökologischen Kriterien (Greening-Auflagen der Gemeinsamen Agrarpolitik) bemessen möchte, fühlt sich der Landwirt gemaßregelt und entmündigt.
Wer will sich schon gern sagen lassen, was er mit seinem Grund und Boden anzustellen hat? Auf der anderen Seite: Eigentum verpflichtet – auch zur Hege! Doch Landwirte und Jäger kommen auf keinen grünen Zweig, solange sie nur stur auf ihre verbrieften Rechte und Pflichten pochen.
Einen konstruktiven Vorstoß unternahm der DJV mit praktischen Vorschlägen zur Greening-Umsetzung, die sowohl dem Wild als auch dem Landwirt Nutzen bringen. Auch die gemeinsame Initiative zur effektiveren Schwarzwildbejagung in Maisschlägen durch Bejagungsschneisen stieß in der Landwirtschaft auf große Zustimmung.
Um Landwirte und Jäger in Zukunft noch enger zu vernetzen, lud HALALI den Präsidenten des Deutschen Bauernverbandes und den Präsidenten des frisch umbenannten Deutschen Jagdverbandes zur Diskussion an den runden Tisch. An historischer Stätte in Berlin zeigte sich, dass die Interessen der beiden Naturnutzergruppen gar nicht so weit auseinanderliegen. Vielleicht erwächst ja aus dem fruchtbaren Meinungsaustausch eine dauerhafte Koalition. Dann könnten sich die beiden Verbände gemeinsam für eine verantwortungsvolle und nachhaltige Naturnutzung stark machen und als die „besseren Grünen“ profilieren.
Ein weiterer alter Zopf, den es an der Zeit wäre abzuschneiden, ist der teilweise allzu sorglose Umgang mit dem Wildbret. Denn obwohl eine gesetzeskonforme und vernünftige Nutzung dieser wertvollen Naturressource dem Jäger oberstes Gebot sein sollte, ernten wir für die Behandlung des köstlichen Lebensmittels oft Kritik. Zu Unrecht? Wir haben bei Experten nachgefragt, erklären das geltende EU-Recht rund ums Wildbret und geben Tipps für eine professionelle Vermarktung.
Unsere Wildbiologen beschäftigen sich diesmal – auch vor dem Hintergrund wachsender Wolfsbestände im Osten des Landes – mit dem Muffelwild und seinem langen Weg nach Deutschland.
Eine lange Reise unternahm auch ein HALALI-Redaktionsteam: Wir erkundeten Namibia – und zwar mit Kind und Kegel. Unser Prädikat: unbedingt familientauglich!
Ich wünsche Ihnen viel Spaß bei der Lektüre unserer Sommer-/Herbstausgabe, allzeit guten Anblick und Waidmannsheil!
Ihr Oliver Dorn | Chefredakteur