Ausgabe 02 | 2013

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Nah und Fern

1845 bezog der amerikanische Schriftsteller Henry D. Thoreau eine mit eigenen Händen errichtete Blockhütte in den Wäldern von Massachusetts. Sein später erschienenes Werk „Walden“, in dem der Autor seine Erlebnisse und Gedanken in diesem freiwilligen Naturexil schildert, geriet zur Bibel zivilisationsmüder Aussteiger. Doch Thoreau war kein Eskapist, der der Welt für immer überdrüssig den Rücken kehrte. Mit dem zweijährigen Selbstversuch wollte der analytische Gesellschaftskritiker „dem eigentlichen, wirklichen Leben nähertreten“ und ein entschleunigtes Dasein beschreiben.

Das war vor fast 170 Jahren. Heute befriedigt ein großer Teil unserer Mitmenschen die Sehnsucht nach Naturnähe mit dem Kauf romantischer Land-Magazine. Denn das eigene Erleben, das Begreifen der natürlichen Zusammenhänge oder gar die Bereitschaft, sich ihnen auszuliefern, erfordert einen persönlichen Aufwand, zu dem die meisten gar nicht bereit sind. So wächst die Zahl derjenigen, die die Natur aus der Distanz verklären oder als hübsche Erholungskulisse missverstehen. 

Kein Wunder, dass mit Verschiebung dieser Werteebene der Jäger als Exot belächelt wird oder gleich in Ungnade fällt. Als Täter, der Tiere tötet, die der großstädtische Naturverklärer beim Wochenendausflug im Streichelgehege liebkost, hat er schlechte Karten. Doch woher das Hackfleisch der Tiefkühlbolognese stammt, interessiert unsere Konsumgesellschaft erst, wenn die Medien mal wieder einen unappetitlichen Skandal aufdecken. 

Manchmal scheint es, dass es gerade seine Naturnähe ist, die den Jäger von einem Großteil der Bevölkerung immer weiter entfernt. Was können wir tun? Wir müssen Kritiker, Gegner und Unwissende mit Charme und Kompetenz von unserer Sache überzeugen. Das gelingt am besten mit ansteckender Begeisterung. Unser achtjähriger Sohn jedenfalls erfährt bei Mitschülern und Lehrerin größte Achtung und Aufmerksamkeit, wenn er montags in der Klasse von seinen Erlebnissen mit Wald und Wild rund um unsere Jagdhütte berichtet.

In der zweiten Ausgabe des Jahres befassen wir uns mit einem Ereignis, das dieser zunehmenden Naturentfremdung und Jagdskepsis geschuldet ist: nämlich dem Austritt von Grundstückseigentümern aus der Jagdgenossenschaft. Unser Rechtsexperte untersucht die damit verbundene Novellierung des Bundesjagdgesetzes und gibt vorsichtige Entwarnung.

In Schottland porträtieren wir eine junge Frau, die als „Ghillie“ ihre berufliche Bestimmung in der Einsamkeit der Highlands gefunden hat: auch ein professioneller Weg zurück zur Natur. Außerdem sammeln wir neue Erkenntnisse zum Wanderungsverhalten unseres Rehwilds und zu dem Jagdfieber-Virus, das viele Jäger zum Aufgang der Bockjagd befällt. In unserer Küche warten sommerlich-leichte Wildgerichte aufs Nachkochen. Und auch die Fischwaid führt uns diesmal in Gefilde, in denen man gerne alles etwas leichter nimmt: Im sonnigen Südtirol haben wir’s auf die legendäre Marmorataforelle abgesehen.

Wir wünschen Ihnen viel Freude und Waidmannsheil zum Aufgang der Bockjagd und einen Sommer voller Anblick!

Ihr Oliver Dorn | Chefredakteur