Grenzenlose Schweinerei!
Schreckensmeldungen zum Schwarzwild erreichten uns in den vergangenen Monaten zuhauf. Landesregierungen und Bauernschaft forderten die Jägerschaft auf, das Schwarzwild noch schärfer zu bejagen, um die teilweise sehr hohen – und immer noch wachsenden – Bestände zu reduzieren und damit die in Osteuropa auftretende, im Baltikum bereits grassierende, Afrikanische Schweinepest bei uns möglichst im Keim zu ersticken.
Zur Dezimierung der Schwarzkittel scheint mittlerweile nahezu jedes Mittel recht. Vom Einsatz der Taschenlampe bis zum ausgeschriebenen Kopfgeld reicht der Katalog. Die viel beschworene Waidgerechtigkeit bleibt in diesen Schwarzwild-Managementplänen auf der Strecke. Dabei legten bereits vor Jahren kluge Köpfe und Kenner der Wildbiologie unseres Erachtens vernünftige Pläne vor, wie man der Schwarzwildschwemme Herr werden könne.
Deswegen haben wir uns in der vorliegenden Ausgabe mit dieser Problematik ab Seite 12 eingehend beschäftigt. Was aber fangen wir an mit all dem Wildbret, das vor uns auf den Streckenplätzen liegt? Viele Reviere hatten 2017 derartig eindrucksvolle Ergebnisse erzielt, dass die Menge an Wildbret die Möglichkeiten der Selbstverwertung überstieg und nur der Anruf beim örtlichen Wildhändler als Lösung blieb.
Leider speisten die Vermarkter viele Jäger mit niedrigsten Abnahmepreisen von 50 Cent pro Kilo Schwarzwild oder gar noch darunter ab. Oft verweigerte der Händler die Annahme ganz, weil auch ihm die Weitervermarktung deutschland-, ja europaweit unmöglich schien. Sogar ein desperates Angebot zur kostenlosen Entsorgung in einer Verbrennungsanlage landete im Winter auf dem Tisch unserer Redaktion.
Umso unverständlicher und trauriger, da Wildbret so beliebt ist wie nie zuvor und Angebot und Nachfrage den Markt bekanntlich regulieren. Also müsste die wachsende Nachfrage auch eine stabile Abnahme der ansteigenden Wildbretmenge garantieren. Dem ist aber hierzulande nicht so. Wer jedoch in die Tiefkühltruhen der Discounter schaut, entdeckt dort immer häufiger Wild in immer vielfältigeren Darreichungsformen. Nur kommt das Lebensmittel nicht aus Deutschland und damit aus heimischen Revieren, sondern vom anderen Ende der Welt.
Hase und Rotwild aus Argentinien oder Schwarzwild aus den USA füllen die Kühlregale. Warum nur findet unser gutes regionales Wild nicht den Weg in die Supermärkte? Die Antwort liegt ganz offensichtlich im Preis. Und zwar im extrem niedrigen Preis, den der Handel für importierte Ware zahlt. Höhere Preise für qualitativ hochwertiges Wildbret aus der Region sind für den Handel allem Anschein nach sofortiges Ausschlusskriterium.
Eine Fehlentwicklung, die jeden Nachhaltigkeitsgedanken ad absurdum führt. Denn erstens bleiben die Jäger auf den eingeforderten Strecken sitzen. Zweitens droht unser seit Jahren erfolgreich beworbenes heimisches Wildbret durch billige Auslandsware wohl wieder ins Gammel-Image zurückzufallen (so jedenfalls dargestellt in der am 20.11.2017 im NDR ausgestrahlten Sendung „Markt“).
Das Dilemma scheint vorerst unlösbar. Da bleiben uns Jäger nur Selbstnutzung und Selbstvermarktung. In der vorliegenden Ausgabe haben wir daher auf kulinarische Rezepte verzichtet und zeigen Ihnen stattdessen, wie man recht einfach aus einem Stück Schwarzwild küchenfertige Teile zaubern kann, die tagtäglich Ihren Speiseplan bereichern können.
Aber natürlich waren wir auch wieder auf der Jagd nach neuen Eindrücken und Inspirationen. Unser Freund und Autor Florian Maack reiste mit seiner Familie nach Masuren zur Hirschbrunft und berichtet über seine Erfahrungen mit einem Krieghoff-Drilling. Außerdem schauten wir dem französischen Messermacher Manu Laplace über die Schulter.
Wir besuchten für Sie eine Schafthölzer-Traumfabrik, erkundeten die naturbelassene Peene und berichten über den jagdbegeisterten deutschen Dichter Johann Wolfgang von Goethe.
Mit diesem reichhaltigen Lesestoff im Gepäck wünschen wir Ihnen noch wunderbare Wintertage!
Ihr Oliver Dorn | Chefredakteur